Bei einem Vertriebsgespräch mit Bestandskunden gibt es Beschwerden. Punkt.

Meist am Anfang eines Gesprächs wird alles auf den Tisch gebracht, was nicht funktioniert: verpasste Termine, Fehler im Produkt, falsche Lieferungen.
Das ist zum Teil Frust und berechtigter Ärger, zum anderen aber auch taktisches Verhalten für eine vermeintlich bessere Verhandlungsposition.

Ganz gewiefte Kunden halten so lange mit ihren Beschwerden hinter dem Berg, bis du zu deiner Präsentation kommst. Dann wird jede deiner Aussagen mit einer Gegenaussage – und Beschwerde – beantwortet. Am Ende glaubst Du selbst nicht mehr an dein Angebot.

Beschwerden annehmen – sonst stehen sie im Weg

Beschwerden müssen wahrgenommen werden um anschließend zu neuen (Vertriebs-) Projekten zu wechseln. Das ist aber oft einfacher gesagt als getan.

Das Problem sind nicht die Beschwerden an sich. Es ist die Stimmung im Gespräch. Wer hat Lust auf Neues, wenn anscheinend das Bisherige nicht funktioniert?

Gerade engagierte Vertriebler die viel mit dem Kunden mitfühlen, tun sich schwer aus dem Modus „Kunden helfen“ in den Modus „für Neues begeistern“ zu kommen. 

Christopher (der selbst viel mitfühlt)

Hier gibt es drei Dinge zu tun:

  1. Bereite dich vor
  2. Bereite den Kunden vor
  3. Zieh den Karren voller Probleme von der Zugbrücke

Hier einmal im Detail.

Bereite dich vor

Ich will jetzt nicht die Leier der Vorbereitung spielen. Selbstverständlich hast du auf dem Zettel wo es hakt und was vielleicht nicht so gelaufen ist. Wenn nicht, finde es heraus. Dein Kunde wird es wissen. Garantiert. Genauso wichtig ist:

  1. Was hat funktioniert? Und in welchem Verhältnis steht das zu dem was nicht funktioniert hat?
  2. Auch interessant ist die Frage: ist es ärgerlich oder wichtig.
    Eine falsche Rechnung ist ärgerlich, aber oft nicht kritisch.

Diese Vorbereitung nutzt du jetzt bitte NICHT um dich vor dem Kunden zu rechtfertigen. Genau das nicht. Diese Vorbereitung ist für dich um dir selbst deiner Sache sicher zu sein

Dann kommt natürlich noch die Vorbereitung für den Teil im Gespräch bei dem es um den Verkauf gehen soll.

Bereite den Kunden vor

Überraschungen sind selten angenehm. Deshalb müssen die Themen frühzeitig und vollständig auf den Tisch.

Damit du im Sattel bleibst, schreibe eine (kurze) Agenda für das Meeting. Nach der Begrüßung bring die unangenehmen Themen als Punkt auf der Agenda zur Sprache. Z.B. „Projekt XYZ – aktuelle Themen“ oder „Liefertermine YXZ“. Dann kommen natürlich die Vertriebsthemen.

Hier mal ein Beispiel wie das aussehen kann:

10.00 – Begrüßung
10.05 – Ziele und Agenda
10.10 – Lieferterminverzug XYZ & Rechnungslauf September 2023
10.20 – Neuer Wartungsvertrag ABC
10.XX – …

Empfehlung: versehe jeden Punkt auf der Agenda mit einer Uhrzeit und nicht Dauer! Das wirkt vielleicht kleinlich, aber es hilft ein Meeting im Zeitplan zu halten. Die Anfangszeit des nächsten Punktes ist die Endzeit des vorherigen.

Schick die Agenda im Vorfeld an die Teilnehmer des Termins und bitte um kurze Rückmeldung. Oft reicht das auch formlos in einer email.

Der Kunde weiß nun, dass seine Beschwerden zur Sprache kommen – und du behältst die Kontrolle über das Gespräch. 

Zieh den Karren voller Problemen von der Zugbrücke

Die Agenda ist dein Freund. Zu Gesprächsbeginn frage kurz nach, ob sich in der Agenda noch andere Themen ergeben haben und starte dann. Du hast damit das Einverständnis des Kunden später auch zu deinem Vertriebsthema zu wechseln. 

All die Beschwerden kommen jetzt auf den Tisch. Bildlich ist das wie ein Karren voller Probleme die der Kunde auf die Zugbrücke stellt. Und dieser Karren verstellt euch beiden den Weg. Der Karren muss weg.

Der Karren kann nur in eine Richtung weg – zu dir.
Es gilt nun NICHT zu beweisen, dass alles ja „gar nicht so schlimm war“. Wenn du das machst, dann schiebst du den Karren wieder in die Burg und dein Gegenüber wird noch mehr aufladen und noch stärker schieben.
Du musst spürbar die Punkte des Kunden annehmen – den Karren annehmen.

Bestätigen, Bestätigen, Bestätigen

Das macht man durch aktives Bestätigen. Aktives Bestätigen ist eine Lautäußerung die anzeigt, dass etwas gehört (und verstanden) wurde. Ein „Aha“, „OK“, „verstanden“, „hmmm“ signalisieren, dass du gehört und verstanden hast.

Bestätigen nicht, dass du inhaltlich zustimmst – bestätigen heißt „Ich habe dich gehört“.

Oft höre ich, dass durch Körpersprache diese Bestätigung ausgedrückt wird. Das reicht aber nicht. Nach vorne lehnen oder nicken können nur unterstützen. Wenn der andere spricht, musst du deine Bestätigung auch in Worten ausdrücken.

Je heftiger die Emotionen deines Kunden, desto klarer und bestimmter muss auch deine Bestätigung sein. Manchmal reicht es nicht „OK“ oder „verstanden“ zu sagen. Manchmal muss es auch ein ganzer, lauter Satz sein: „Gut dass sie das so offen auf den Tisch bringen!“. Sag es mit dem selben Ausdruck und Kraft die dein Kunde benutzt.

Die Reaktion muss der ursprünglichen Aussage entsprechen. Am besten die Punkte sichtbar handschriftlich aufschreiben. Im Wortlaut des Kunden. 

Wenn ihr das ausreichend macht und mit der Stimme am Satzende nach unten geht, dann passiert etwas wunderbares. Der Kunde fühlt sich gehört und verstanden. Eure Aufgabe ist es das Thema anzunehmen, damit der Kunde es loslassen kann.

Nur dann kann es inhaltlich weitergehen. 

Themen annehmen – aber sich nicht schlecht fühlen

Jetzt hast du also den Karren voller Probleme auf deiner Seite. Das kann auch ganz schön demotivieren.
Deine eigene Vorbereitung dient jetzt dazu, das Thema anzunehmen, ohne dass du dich schlecht fühlst. Wenn du inhaltlich zustimmst, dann wirst du es nicht schaffen, dem Kunden Lust auf Neues zu machen. Durch die Vorbereitung kannst du realistisch einschätzen wie schwer ein Problem wiegt.

Die Agenda wird es dir ermöglichen einen Strich unter dieses Thema zu setzten.

Einer meiner Kollegen hat immer auf seinem Notizblock beim Mitschreiben ganz demonstrativ einen Strich über das halbe Blatt gesetzt und damit signalisiert, dass wir nun das Thema wechseln. Dann konnte der Kunde auch sich auf die weiteren Themen einlassen.

Im Eifer des Verkaufs

Stell Dir vor, dein Kunde steht auf der Zugbrücke seiner/ihrer Burg mit einem Karren. Auf dem Karren sind all die unangenehmen Themen und Probleme.

Das sind Dinge die du und dein Team in seine Burg geschleppt haben. Eine kaputte Maschine, extra Rechnungen, Aufwand, Ärger. Die sollen natürlich raus aus der Burg.

Solange der Karren mit Problemen auf der Zugbrücke steht, kommst du nicht rein und der Kunde nicht raus.

Wenn Du auf deinem Ross sitzt und dich erklärst, dann wird der Ärger größer und die Burg geht zu. Der Kunde wird die Probleme wieder in die Burg nehmen aber das Tor schließen.

Deine Vorbereitung wird dir helfen, alles auf dem Karren richtig einzuschätzen und anzunehmen ohne selbst den Mut zu verlieren.

Damit kannst du die Themen von der Brücke ziehen. Je schwerer die Themen (Emotionen), desto stärker und härter musst du arbeiten (starkes Bestätigen) um es von der Brücke zu bekommen.

Deine Agenda wird dir helfen das Gespräch in Richtung neue Projekte fortzuführen. Denn nachdem der Karren auf deiner Seite steht, ist die Brücke wieder frei. Mit Verweis auf die gemeinsame Agenda kannst weitermachen.

Du kannst in die Burg 🙂